Überwältigend: Marialy Pachecos beim Jazz-Club im Hefehof

Hameln. „Moin“ sagt sie schlicht, als käme sie aus „Otti“-Land und nicht aus Kuba. Diese schlanke Frau mit den endlosen Beinen in Mega-Stöckeln. Mit Wuschelkopf, ansteckendem Lächeln und sexy Shorts. Als ob das eine Rolle spielte. Ihre Sprache, ob in Havanna, Australien, Japan oder Dortmund, wo sie jetzt zu Hause ist und die Liebe halt hinfällt, ist allemal Music-Wonderland. Obwohl klassisch am Klavier ausgebildet, ist sie dem Jazz verfallen, den sie neu, so ganz individuell und anders interpretiert. Im Hamelner Lalu beim Jazz-Club. Marialy Pachecos, die beim exklusiven Jazz-Montreux schon einen 1. Preis gewann, ist sicher eine der faszinierendsten Pianistinnen, die Tradition nicht nur neu interpretieren, sondern einen eigenen, eigenwilligen Stil kreieren.

„Introducing“ – als ob sie das noch nötig hätte – heißt ihre neue Produktion, die sie in Hameln bei ihrem ersten Konzert des Jahres mit ihren kolumbianischen Partnern, Juan Camilo Villa (Bass) und Miguel Altamar (Drums) vorstellte. Drei Monate hatten sie nicht mehr miteinander gespielt, wie die Ausnahme-Pianistin plaudert, das Ergebnis: „Es klingt so frisch.“ Sie verstehen sich blind, die drei, während sie „ein bisschen spielen“. Ein Spiel, das man, wie das Kaninchen vor der Schlange erlebt. Irrwitzige Tempi, eine schier unfassbare Fingerfertigkeit beim Tanz über die Tasten, unglaubliche Rhythmuswechsel und Miguel souverän an den Drums. Ob Eigenkompositionen oder der kubanische Klassiker: Pachecos zündet ein Feuerwerk karibischer Rhythmen. Wild, sprühend vor Energie und Lebensfreude.

Neben melancholischer Poesie, unvermittelter Temperamentsausbrüche, stampfenden Passagen und plötzlichen Tempiwechseln – Passagen, die über weichen Kringel-Akzenten wundersam verkleckern. Versponnenes Spiel, bevor der Turbo gezündet wird. Musikalität, die über die Rampe schwappt, die den Zuhörer zwischen mitgerissen und bewundernd zurücklässt.

Von Richard Peter

Dewezet 26.01.15