Von Dorothee Balzereit
Hameln. Mit fünf kleinen Stücken von Dmitrij Schostakowitsch eröffneten Wolfgang Kohlhaußen (Violine) und sein Bruder Thomas (Piano) ihr literarisches Weihnachtskonzert im Rahmen der Dewezet- Nachtausgabe. Inwieweit die kulturpolitischen Auseinandersetzungen, in die der schillernde sowjetische Musiker Zeit seines Lebens verwickelt war, eine gewisse Symbolkraft haben sollten, sei dahingestellt. Fakt ist, dass Kohlhaußen bei seiner beliebten traditionell-heiteren Veranstaltung im vollen Lalu bewusst ernste Facetten einwob. Politisch-melancholische Stimmung prägte den ersten Teil: "Für die Künstler wird es an allen Ecken und Kanten enger" bedauerte Kohlhaußen die sich auf die Kultur niederschlagende politische Entwicklung, und fügte an: "Es ist ja nicht wie beim Essen: den kulturellen Hunger merkt man nicht sofort." Und so auch die anfängliche Textauswahl des Violinisten, der nach eigenen Angaben das ganze Jahr Ausschau nach geeignetem Stoff für die Vorweihnachtszeit hält.

Mit Bert Brechts "Lied vom Schnee" und einem musikalischen weihnachtlichen Mix, sowie Tschaikowskys Suite "Weihnachten" aus den "Jahreszeiten" für Klavier solo wurde dem bevorstehenden Fest dann doch ein bisschen gehuldigt. Nach der Pause folgte Impressionistisches von Gabriel Fauré und zur Freude des Publikums noch ein paar lustige, die weihnachtliche Heuchelei entlarvende Geschichten: Zum Beispiel die des Journalisten Alexander, der amHeiligen Abend im Hauptbahnhof zwar allein, aber nicht einsam ist.

Dem auftauchenden Redakteur eines Fernsehteams, der auf eine rührselige Weihnachtsstory hofft, bricht der kalte Schweiß aus, als Alexander spontan von seinen Gefühlen berichtet: "Endlich sind die Straßen und Auslagen vom Weihnachtsschmuck befreit, und endlich keine Kinderchöre mehr...".

Auch das Gedicht vom Finanzamt, in dem das Christkind ein Fall für die Steuerfahndung wird, eine schon während der Planung eskalierende Betriebsfeier, und die Geschichte von Inspektor Besenrieder vom städtischen Bauamt, der den großen Fehler begeht, zu Weihnachten einen Dackel zu kaufen, kamen beim Publikum bestens an. Denn eines blieb bei aller Zeitkritik klar: Ganz ohne Humor lässt sich kein Missstand ertragen. Und auch keine musikalische Lesung.

Viel Applaus am Ende für Thomas und Wolfgang Kohlhaußens sowohl musikalisch als auch literarisch gelungene Darbietung, die sie mit einem Walzer von Tschaikowsky als Zugabe krönten.

© Dewezet, 14.12.2005