Hameln. „Es wird lang heute“ betonte Dietrich Kittner immer wieder und der Satz war Programm, denn der Satiriker bot drei Stunden und 17 Minuten Kabarett der Extraklasse mit bittersüßem Beigeschmack. Dabei zeigte er keinerlei Scheu vor politischen Farben und außenpolitischen Ereignissen. So verlieh er den verschiedenen Politgrößen kittnersche Spitznamen, die Angela Merkel „zur späten Rache des Sozialismus an der CDU“ und Rudolph Scharping zum „Macken-Rudi“ mutieren ließen.
Es war ein Programm mit Langzeitwirkung, tauchten doch die neubenannten Personen immer wieder auch an späteren Stellen auf und boten allen aufmerksamen Zuhörern doppeltes Lachvergnügen. Von erfrischend bis bissig, über nachdenklich bis nachwirkend machte der Kabarettist, der die Tagesschau als therapeutisches Mittel gegen zu niedrigen Blutdruck einsetzt, weder vor Religion, Arbeitslosigkeit, Pisastudie, Lauschangriffen, Pressestellen „da kriegste Sachen dementiert, die du gar nicht gefragt hast“ noch vor der Währungsumstellung halt.
Auch gegen die neue niedersächsische Landespolitik holte Kittner zu satirischen Tiefschlägen aus. Immer wieder beteuerte der Wort-Künstler mit treuem, unschuldigem Blick: „Alle Fakten und Geschichten stimmen, ich muss ja nicht lügen, ich will ja nicht gewählt werden“.
Gleichzeitig zeigte sich Kittner darüber betrübt, dass die Politik im Moment mit einem Überangebot an Themen die Kabarettisten mundtot zu machen versuchte. Nach schier unerschöpflicher Redekunst gönnte Kittner sich und dem Publikum nach zwei Stunden eine Pause, um im zweiten Teil mit der „Loveparade als Bewässerungsmaßnahme“ und schlüpfrigen Texten über die FDP aufzuwarten und verlangte vom Publikum viel Sitzfleisch, bevor er seinem Auditorium die „Reifeprüfung des selbstdenkenden Kabarettgängers“ abverlangte.
Mit unübertrefflich spitzer Zunge begeisterte Kittner den überfüllten Saal. Trotz vieler ernster Themen startet Kittner unaufhaltsam gnadenlose Angriffe auf die Lachmuskeln und präsentierte innerhalb eines langen, aber dennoch kurzweiligen Abends Kabarett mit Suchtfaktor, der die Zugabe vorprogrammierte. Vielfältig und immer wieder überraschend versuchte Kittner an einem Abend die Weltordnung wieder herzustellen. Und so lautete zurecht sein Schlussplädoyer mit Tiefgang: „Nur Politiker, die zu dumm sind friedliche Lösungen zu finden sollten Krieg anfangen.“, bevor er zur selbstkritischen Zugabe noch einmal die Bühne betrat.