Neues Schätzchen für Hamelner Automuseum Selve 6/24 mit Aluminium-Kolben aus dem Baujahr 1921 zunächst als Leihgabe in die Heimat geholt

Hameln (HW). Alter Schwede – das ist ein wahres Schätzchen, was Reinhard Burkhart da für das Hamelner Automuseum an Land gezogen hat: Einen einst in der Rattenfängerstadt gefertigten Selve 6/24, von dem es nach Aussagen des Vorsitzenden des Fördervereins der Fahrzeuggeschichte Hameln nur noch zwei erhaltene Exemplare gibt. Einer steht nun zunächst als Leihgabe für die kommenden drei bis vier Jahre im Automuseum auf dem Gelände des Hefehofs, einer parkt wohl behütet in einer schwedischen Garage. Und in Schweden war bis vor wenigen Tagen auch das neue 1921 in Hameln gefertigte Exponat beheimatet. Das Alter ist dem Veteranen allenfalls an der Form anzusehen, nicht aber an der blitzenden Karosserie und dem gepflegten Interieur. Unter seiner spitzen Haube verbirgt der Oldtimer aus dem vergangenen Jahrhundert einen 24 PS starken Motor mit einem Hubraum von 1600 Kubikzentimetern, die dem offenen Viersitzer mit Klappverdeck zu Glanzzeiten eine Geschwindigkeit von 80 km/h ermöglichten. Doch das ist längst Vergangenheit. Ob der Originalmotor noch anspringt? Niemand weiß es so genau, denn der Serve 6/24 ist heute ausschließlich etwas fürs Auge und nichts mehr für die Straße. Und auf einen Versuch, die Kurbel zu drehen, um den Motor zum Laufen zu bringen, wollte sich Burkhart auch bei der Präsentation vor einer illusteren Schar von Vertretern aus Wirtschaft und Politik sowie Oldtimer-Freunden trotz mehrfacher Aufforderung nicht einlassen: „Die Maschine hat 1993 das letzte Mal gearbeitet. Wenn ich die jetzt anlasse, kann das fatale Folgen haben. Schließlich handelt es sich um eine Leihgabe“, begründete der Fördervereinsvorsitzende seine diesbezügliche Passivität und erzählte den Museums-Gästen lieber von dem Aufwand, das Fahrzeug in die Stadt seiner Produktion zu bekommen. Schon Anfang der 80er Jahre habe sich Burkhart mit dem Besitzer in Schweden in Verbindung gesetzt. Damals wollte er den Selve als Gast zur 700-Jahr-Feier der Stadt nach Hameln holen. Später seien dann seitens des Eigentümers Verkaufsabsichten geäußert worden. „Zu einem Preis von 70- bis 80000 Mark“, erinnerte Burkhart, der daraufhin einen Sponsorenkreis gründete, um das nötige Geld aufzubringen. „1987 hatten wir den Betrag zusammen – doch da wollte der Eigentümer plötzlich nicht mehr verkaufen. Allenfalls zum doppelten Preis, aber da war nix zu machen“, erzählte Burkhart. Der Eigentümer habe aber verfügt, dass das Auto nach seinem Tod nach Hameln kommen solle. Doch auch den Erben fällt es schwer, sich endgültig von der Rarität, die laut Burkhart inzwischen einen Sammlerwert von etwa 70000 Euro erreicht hat, zu trennen. Vorerst steht der 6/24 also als Leihgabe im Hamelner Automuseum, das neben dem Schmuckstück aus Schweden sieben weitere Fahrzeuge als Exponate birgt. Mit Selve, Sperber und Kolibri allesamt Autos, die seinerzeit in Hameln produziert worden sind. Und zwar in den Norddeutschen Automobilwerken, die später in Selve Automobilwerke GmbH umbenannt wurden. Die Besonderheit des neuen Ausstellungsstückes: Im Motor des Selve 6/24 arbeitet ein Aluminium-Kolben. „Das war damals eine Sensation, denn Eisen und Aluminium führten zu Fraß“, weiß Burkart zu berichten. Dem Autobauer Walther von Selve sei es jedoch gelungen, eine besondere Legierung zu finden. Erst zehn Jahre später, im Jahre 1927, habe Mercedes einen solchen Kolben verbaut. „Selve-Autos galten seinerzeit als so zuverlässig wie heute VW“, weiß der Vorsitzende des Fördervereins und „Vater“ des Hamelner Automuseums zu erzählen. Und darin liege auch begründet, warum die heute noch erhaltenen Exemplare in Schweden zu finden sind. Burkhart: „Der Selve war besonders in dünn besiedelten Ländern beliebt. Dort hatten die Leute weite Strecken zurückzulegen und waren entsprechend auf die Verlässlichkeit ihrer Fahrzeuge angewiesen.“ Wie viele erhaltene und fahrbereite Selve-Mobile es insgesamt noch gibt, lässt sich nicht genau festmachen. Laut Burkhart gebe es in den USA noch das eine oder andere 8/32-Modell als Nachfolger des 6/24: „Weltweit werden 32 Fahrzeuge gelistet. Aber das meiste ist Selve-Schrott“. Bürgermeisterin Ursula Wehrmann (Grüne) war angesichts des vor ihr stehenden mobilen Veteranen äußerst angetan: „Ich bin beeindruckt, dass es gelungen ist, dieses Fahrzeug nach Hameln zu holen. Es ist eine Bereicherung für das Automuseum und die Stadt.“ Selve – das Logo des einstigen Hamelner Automobilherstellers ziert den Kühler des 6/24. Reinhard Burkhart,Vorsitzender des Fördervereins der Fahrzeuggeschichte Hameln, holte den gut erhaltenen Selve 6/24 mit seinen vielen Originaldetails zunächst als Leihgabe in die Heimat zurück. Dewezet 25.10.2010