Beeindruckend auch die hingebungsvoll zarten Töne der Violine im „Sommer“, die dynamisch von der Bassstimme unterbrochen werden, um die Entwicklung zum kraftvollen Tutti vorausahnen zu lassen. Schwungvoll folgt der „Herbst“, dessen Motive an barocke Tänze erinnert. Auch hier zeigt sich erneut das beeindruckende Zusammenspiel zwischen Streichern und den silbrigen Klangfarben des Cembalos, gespielt von Katharina Brandl. Die Spannungsbögen, die in jeder Jahreszeit ihren Ruhepunkt im Largo oder Adagio finden, scheinen im Winter schließlich ihren Höhepunkt zu erreichen. Die ansteigende Melodie zu Beginn des Winters findet ihre kurzfristige Entladung in Kohlhaußens bravourösem Solo. Doch Vivaldi gönnt seinen Zuhörern noch keine Pause, denn immer wieder baut sich der gigantische Spannungsbogen auf, um endlich im kraftvollen Tutti zu münden. Egal, ob Pizzicato im Largo des Winters, der sanfte Bogenstrich oder vehemente Tremoli – „fonte die musica“ beherrschen die stilistischen Raffinessen perfekt, um die Melodiebilder wundervoll zu zeichnen.

Musikgenuss durch virtuose Fingerfertigkeit

Bereits im ersten Konzertteil hatte das Ensemble sein Publikum in majestätischen Melodien schwelgen lassen. Mit vier Konzerten der Reihe „L’estro armonico“ op.3 entführten die Musiker ins italienische Barock. Im reizvollen Ambiente der Hefehof-Backsteinmauer präsentierte das Ensemble ein grandioses Wechselspiel von Piano, Forte, Allegro und Largo. Scheinbar mühelos bewältigte es die dynamischen und rhythmischen Finessen sowie die virtuosen 16tel-Passagen der anspruchsvollen Partitur.

Das Kammerorchester schuf wieder einmal einen Musikgenuss, der nicht zuletzt durch Wolfgang Kohlhaußens virtuose Fingerfertigkeit und die hochkarätig herausgearbeiteten Klangcharaktere abgerundet wurde. So schien es nur natürlich, dass das Publikum die Musiker erst nach zwei Zugaben entließ.

© Dewezet, 21.07.2003